Aufstieg auf die Zugspitze über Partnachklamm und Reintal

Eines der wenigen Ziele, die mir Covid-19 in diesem Jahr noch gelassen hat, war der Aufstieg auf die Zugspitze. Erfahrungen im Bergsteigen hatte ich kaum und auch sonst war ich nur selten in den Bergen wandern. Damit war diese Idee ein weiterer Punkt auf meiner Liste maßloser Selbstüberschätzungen. Schon als wir wenige Tage zuvor am Eibsee waren, wurde mir beim Blick auf die Zugspitze anders. Wir hatten uns für die leichteste Route durch das Reintal und die Partnachklamm entschieden und letztlich waren es nur 2962 Höhenmeter, also was sollte da schon schief gehen?

PARTNACHKLAMM

Auf dieser Route bietet es sich an, die Partnachklamm mitzunehmen. Die kann man zwar umgehen, aber wo wir schon einmal hier waren, wollten wir sie auch sehen. Durch die Partnachklamm zu gehen, bedeutete aber auch unseren ganzen Plan zu überwerfen. Eigentlich wollten wir um 04.00 Uhr aufbrechen, um innerhalb eines Tages den Gipfel zu erreichen. Die Klamm macht aber erst um 08.00 Uhr auf und so beschlossen wir die Tour zu teilen und das letzte Stück am nächsten Morgen aufzusteigen. Wenn ihr noch überleget, ob ihr die Partnachklamm mitnehmen sollt, umgeht sie! Die Schlucht ist schön, aber auch nicht so schön, dass man sich für 6€ nur 700 m weit von einer Menschenmasse durch einen schmalen Gang schieben lassen muss. Wir sind froh die Klamm gesehen zu haben, aber mehr auch nicht. Wir waren dort und gut ist.

REINTAL

An die Partnachklamm schließt sich das Reintal an und das macht mit 12-13 km den Großteil der Wanderung aus. Dabei lässt sich dieser Teil der Strecke mit einem Aufstieg von 600 Hm über 13 km noch sehr angenehm gehen. Das Schöne am Tal ist, dass man in alle Richtungen auf ein wunderschönes Panorama aus Bergen schaut und dabei am hellblauen Gebirgsbach Partnach entlang wandert. Kurz vor der Reintalangerhütte liegt am Weg ein kleiner Naturpool, in dem wir uns eigentlich abkühlen wollten, wäre es nicht so schon kalt gewesen.

HÜTTEN

Auf der Strecke liegen 3 Hütten, die Bockhütte (1052 m), die Reintalangerhütte (1369 m), die Knorrhütte (2051 m) und noch eine vierte auf dem Gipfel. Ich war zum ersten Mal von meinem eigenen Geld in den Alpen und schockiert über die Preise auf den Hütten. Die sind durch die teils schwierige Belieferung sicher irgendwo gerechtfertigt, für mich aber nicht ganz nachvollziehbar. Vor allem bei Übernachtungen, denn da zahlt man als Nichtmitglied des DAV mal eben 29€ für eine Nacht im Lager, 38€ im Mehrbettzimmer und 37€ für ein Frühstück ohne Übernachtung. Wer ebenso wenig Erfahrungen mit Hütten hat, kann sich hier über die Preise informieren. Die meisten übernachten auf der Knorrhütte, der letzten vor dem Gipfel. Als abends etwas oberhalb die Schafe in den Stall gepfiffen wurden, beschallten die 200 Tiere etwa eine Stunde den Berg mit ihren Glocken. Was macht einen Sonnenuntergang in den Bergen schöner als das Glockenspiel von 200 Schafen?

DER AUFSTIEG

Bis zur Reintalangerhütte war ich noch begeistert, wie leicht es mir doch fiel den höchsten Berg Deutschlands zu besteigen. Nur hatte der Berg dort noch gar nicht richtig angefangen. Die Ernüchterung kam dann mit dem eigentlichen Aufstieg und damit, dass ich jetzt um jeden Meter kämpfen musste. Dabei würde ich mich als ganz fit bezeichnen, ich mache regelmäßig Kraft- und Ausdauersport, nur eben nicht auf dieser Höhe. So schlimm war es aber auch nicht, nur anstrengend. Wirklich hart wurde noch einmal das vorletzte Stück, das über ein loses Geröllfeld führte, auf dem dir bei jedem Schritt die Steine unter den Füßen wegrutschten. Wir waren uns auch gar nicht sicher, ob wir überhaupt auf dem Weg liefen oder nur in einer Schmelzwasserrinne. Auf diesem Stück warfen wir auch den Plan wieder abzusteigen über Bord, mit dem Hund auf dem losen Geröll wäre das ein reines Himmelfahrtskommando gewesen.

GRATWANDERUNG

Das letzte Stück auf dem Fels war wiederum angenehm, auf dem konnte man wenigstens vernünftig treten und sich an Stahlseilen festhalten. Es soll sich aber nicht anhören, als wäre es einfach gewesen. Wir haben auf diesem kurzen Abschnitt einige schweißtreibende Höhenmeter mit dem Rucksack überwunden. Die letzten Meter verliefen auf dem Grat, was besonders mit dem Hund schwierig war. Der lief an seiner 1,5 m langen Leine, um vernünftig auf die Felsen springen zu können, aber mehr durfte es auch nicht sein, damit wir ihn notfalls festhalten konnten. Erschrocken haben wir uns, als er mal wieder voran sprang und wir erst nach einigen Sekunden begriffen, dass der Berg hier am Grat hunderte Meter steil in die Tiefe stürzte.

WANDERN MIT HUND

Ja, wir haben unseren Hund mit auf die Zugspitze genommen. Würde ich das empfehlen? Definitiv nicht! Unser Hund ist ein ausgebildeter Diensthund, extrem sportlich und trittsicher und selbst für ihn war diese Wanderung grenzwertig. Wir haben ihn auch nur aus der Not heraus mitgenommen. Es fängt schon bei den Hütten an, wo man mit Hunden nur in den Winterraum kommt. Wir haben mitbekommen, dass der Hund durch die Anstrengung zwar erschöpft war, aber auch gereizt auf Menschen reagierte. Dann kam der Teil auf dem Geröll, auf dem Hunde mit ihren schmalen Pfoten kaum richtig Tritt finden. Man kämpft schon mit sich selbst und muss dann noch diesen Hund heil dort hochbekommen. Und letztlich die Gratwanderung, auf der uns das Herz stehen blieb. Der Weg oberhalb der Knorrhütte ist für normale Hunde völlig ungeeignet und ich kann nur davon abraten, seine flauschigen Freunde dahin mitzunehmen.

AUF DEM GIPFEL

Oben angekommen konnten wir endlich unsere warmen Jacken anziehen und mussten uns von all den anderen verabschieden, die mit uns gewandert sind. Um 08.00 Uhr hatte nur das Frühstücksrestaurant offen, wir holten uns einen warmen Kakao und setzten uns in die erste Reihe an das Panoramafenster mit Blick auf das Gipfelkreuz. Das war auch leider alles an Aussicht, denn den kompletten Morgen war es extrem neblig und wir konnten nichts sehen. Zum Gipfelkreuz kam man über einen kleinen Klettersteig mit einer Leiter, was für meinen Freund und den Hund leider bedeutete, dass sie auf der Plattform bleiben mussten. Irgendwie fand ich es nicht fair, dass Touristen in ihren schicken Outfits zum Kreuz konnten, die beiden nach ihrem hart erarbeiteten Aufstieg aber nicht. Den Hund zu schultern, nur um das Gipfelkreuz anzufassen, wollten wir ihm echt nicht antun. Aber man hat es auch von der Plattform gesehen, also alles gut. Ein Gipfelbuch gab es leider nicht, was bei den vielen Besuchern verständlich ist, aber trotzdem schade.

ABSTIEG MIT DER BERGBAHN

Wir nahmen nun tatsächlich die Bahn zurück ins Tal. Während wir auf die Bergbahn warteten, guckten wir uns die Ausstellung über die Geschichte des Tourismus auf der Zugspitze im inneren der Plattform an. Für 2 Personen inkl. Hund haben wir 75€ für die einfache Strecke nach Garmisch bezahlt. Das Ticket für die Berg- und Talfahrt kostet 61€/ Person. Nachdem wir diesen Schock verdaut hatten, waren wir aber ganz froh über diese Entscheidung, wir hatten es uns schließlich verdient! Mit der Gondel sind wir bis zur Zwischenstation, an der wir in die Zahnradbahn Richtung Garmisch umsteigen mussten. An dieser Station kann man rodeln, was ich öfter auf Videos gesehen habe und schon immer machen wollte. Aber während es auf dem Gipfel schneite, regnete es auf 2500 Metern nur noch und da hatte ich nun wirklich keine Lust zu rodeln. Mit der Zahnradbad fuhren wir über den Eibsee nach Garmisch. Dort angekommen waren wir enorm glücklich über die Entscheidung, die Bahn zu nehmen. Wir wollten gar nicht daran denken, dass wir jetzt noch auf dem Weg wären.

FAZIT

Wahnsinn, dass wir diese Idee wirklich umgesetzt haben. Als sie damals aufkam, haben wir beide nicht ernsthaft daran geglaubt. Aber so sehr überschätzt hatten wir uns wohl doch nicht. Aus dem ursprünglichen Plan vom Auf- und Abstieg wurde vielleicht nichts, aber das ist mit den Rohfassungen unserer Pläne immer so. Die Tour war anstrengend, anstrengend aber machbar. Dafür waren es bis zum Gipfel eben auch nur 2200 Hm und wäre nichts mehr gegangen, hätten wir jederzeit umkehren können. Aber wenigstens versuchen wollten wir es und ich bin verdammt stolz auf uns!

Länge21,6 km
Dauer8-10 Std.
Maximale Höhe 2962 m
Höhendifferenz2200 m
Einkehr4 Hütten

Wie immer freue ich mich natürlich über Feedback, Erfahrungen und Anregungen in den Kommentaren. Einige Eindrücke habe ich auch auf Video im Highlight „Zugspitze“ auf Instagram festgehalten. Der Link ist in der Seitenleiste!

8 Gedanken zu “Aufstieg auf die Zugspitze über Partnachklamm und Reintal

  1. So ist das eben mit den Einschätzungen. Ich bezeichne mich als normal fit und bin durchs Höllental hoch und runter übers Gatterl und per Bus zurück. Hab mit Pausen hoch und runter 10 Std. gebraucht und war auch KO. Als schwer habe ich die Wege nie empfunden. Mache Bergtouren ca. ein maximal zweimal im Monat. Aber man sollte generell sagen: Respekt was man tut und nur das tun was man sich zutraut. Zu den Hütten: Es gibt auch andere, die sind deutlich besser und guenstiger. Die Hütten um die Zuge rum sind touristisch durchgetaktet, der Preis Normal. Irgendwo auch ok. Alles kommt per Helikopter, die Ausscheidungen muessen ins Tal etc. Der Anspruch der Gaeste wird immer größer etc. Und um ehrlich zu sein.. Ein schöner Ber und super Touren dort hoch… Aber ich kenne zig schönere und ruhigere als da hoch.

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    • Danke für deinen Kommentar! Dann liegt es bei dir wahrscheinlich an der regelmäßigen Übung, dass du die Touren nicht als schwer empfindest. Mit weniger Übung fand ich es ziemlich anstrengend. Natürlich sollte man seine Grenzen kennen, aber man sollte auch bis an seine Grenzen gehen. Ich gehe auch davon aus, dass sie Preise normal sind, für mich war es dennoch ein Schock. Ich bin jedenfalls offen für Tipps zu noch schöneren Touren!

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  2. also ich traue mir zu zu sagen nach über 100 Bergtouren ein bisschen Ahnung davon zu haben und den Weg den ihr beschrieben habt kenne ich natürlich obwohl ich ihn noch nie gegangen bin. Die Zugspitze war nie ein Tourenziel von mir. Der ist mir touristisch viel zu überlaufen.
    Fazit zu eurer Tour ! Erstens Gratulation dass ihr es geschafft habt und das ganze auch noch mit Hund. Gleichzeitig extrem leichtsinnig ! Der Anstieg ist lang und man sollte ihn nur als Geübter gehen. Was hättet ihr gemacht bei einem Wetterumschwung was ja in den Alpen nicht selten vorkommt. Mit Hund würde ich diesen Weg nun wirklich nicht gehen und man muss sich ja nicht nur auf sich konzentieren sondern auf ihn auch noch ! Also ein zweites Mal würde ich solch eine anspruchsvolle Tour mir sehr gut überlegen. Egal es hat geklappt und da kann man schon stolz darauf sein !

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    • Viele nehmen die leichte Route auf die Zuspitze als Einstieg ins Bergsteigen, denn irgendwo muss man doch anfangen! 2962 m sind keine unmenschliche Höhe und nachdem ich 2018 fünf Tage im Kaukasus war (was wirklich leichtsinnig war), ist das doch kein Vergleich mehr. Zudem kam mein Freund aus den Bergen und kann Risiken wohl ganz gut abschätzen. Was den Hund angeht, habe ich auch geschrieben, dass wir ihn aus der Not heraus mitgenommem haben, er ein trainierter Diensthund ist und ich davon grundsätzlich abrate. Man sollte solche Sachen mit Respekt angehen, aber man kann doch nicht vor jeder Herausforderung aus Angst zurückschrecken. Wir sind beide Mitte 20, körperlich fit und haben uns eine leichte, touristische Strecke ausgesucht. Ich sehe da kein Problem! Stolz sind wir alle Male! LG Hanna

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      • Generell ist jede bergtour eine Herausforderung und die fängt nicht ab 3000 Meter an ! Die meisten Unfälle liegen was die Höhe betrifft darunter ! Die richtige Ausrüstung und eine respektvolle Einschätzung tragen zum gelingen einer Tour bei! Leichtsinn und überschätzung sind fehl am Platze! Ist aber auch egal Hauptsache es hat Spaß gemacht !!!

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      • Da stimme ich dir voll und ganz zu! Ich würde dennoch behaupten, dass wir mit einer Menge Respekt an diese Tour herangegangen sind und sie lange geplant haben. Aber ja, Spaß hat sie wirklich gemacht!

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