Der Overnighter im Hamburger Hafen stand auf meiner Liste, seit ich die Idee beim deutschen Mikroabenteurer Christo Foerster gesehen habe. Die Hafenlichter habe ich mir nachts schon oft angeschaut, da wollte ich natürlich auch sofort mit der Hängematte los. Allerdings mussten wir den Plan während Corona über zwei Jahre wegen nächtlicher Ausgangsbeschränkungen verschieben. Was eigentlichen eine Reunion unter Freundinnen werden sollte, hat uns neue Freunde beschert und wurde so zu einer Outdoor-Sleepover-Party.
Die Aktion fand im Sommer 2022 statt, der Zeit des 9-Euro-Tickets als an Sitzplätze im Zug nicht zu denken war und man in den Bahnhöfen keinen Fuß vor den anderen setzen konnte. Aber das alles habe ich gern in Kauf genommen, um günstig Touren umsetzen zu können.
SUP Tour auf der Alster
Die SUPs haben wir uns schon Zuhause geliehen und sind damit an die Außenalster gefahren. Dort wurde ich gleich einmal fast von einem der vielen Sportsegler umgefahren, habe es dann aber doch heil auf die Binnenalster geschafft. Wir wollten hierher, um mit Aussicht auf den Jungfernstieg und die Altbauten um uns herum auf dem Wasser das gute Wetter zu genießen. Irgendwie fühlte es sich nicht richtig an, unmittelbar in der Innenstadt zu paddeln. Vor allem, weil anfangs außer uns nur Fahrgastschiffe dort waren, später kamen aber noch Tretboote hinzu. Eigentlich wollten wir auch durch den Jungfernstieg auf die Kleine Alster, um auf den Kanälen zwischen den Altbauten zu paddeln. Allerdings hat uns die Schleuse abgeschreckt und ich weiß bis heute nicht, ob man dort mit dem SUP überhaupt durch darf. Während ich die Zeit mit meinem Freund genießen wollte, hat er herausgefunden, dass man kniend schneller paddelt und war immer weit vor mir. Gemeinsam Zeit zu verbringen müssen wir wohl noch üben.
Nach dem Paddeln haben wir noch einen Abstecher auf den Hamburger Dom gemacht und dort unnötig viel Geld für ein paar wenige Fahrgeschäfte und Essen gelassen, bevor wir am Bahnhof die Freundin abgeholt haben, mit der ich heute Abend den Overnighter am Hamburger Hafen machen möchte. Wir waren noch zu dritt in der Elbe baden, wonach unsere Badesachen komplett braun waren. Mein Freund hat uns dann am Bubendey-Ufer abgesetzt, ab jetzt waren wir Mädels auf uns gestellt.
Overnighter am Hamburger Hafen
Ich fand den Hamburger Hafen schon immer spannend, einerseits die Lichter der Kräne, andererseits sind Schiffe für mich der Inbegriff von Freiheit. Die Idee hier zu übernachten habe ich aber von Christo Foerster, der Mikroabenteuer in Deutschland bekannt machte. Den Leuchtturm aus der Reportage hatte ich natürlich sofort auf Maps ausfindig gemacht und mich dort selbst mit meiner Hängematte gesehen. Den Plan hatten wir seit 2020, als wir schon gemeinsam am Eibsee und Walchensee waren. Allerdings war uns der Overnighter lange während der nächtlichen Ausgangssperren in Hamburg zu heiß. Aber im Sommer 2022 hat endlich alles gepasst.
Wir fühlten uns schon illegal als wir nur auf dem kleinen Pfad an der Mauer entlangliefen, noch bevor wir am eigentlichen Sperrzaun ankamen. Die Spuren ließen aber klar erkennen, dass sich niemand an diesen Zaun hält, denn dahinter setzte sich der Weg genauso ausgetreten fort. Eigentlich wollten wir unsere Hängematten an der Spitze des Bubendey-Ufers mit Blick auf die Containerschiffe und Kräne aufspannen. Die Bäume dafür waren hier auch deutlich besser als überall sonst, allerdings soll dieser abgelegene Ausblick wohl sehr beliebt bei Junkies und heimlichen Dates sein. Wir haben zwar nur Fotografen gesehen, wollten es aber trotzdem nicht drauf anlegen, denn in der Großstadt ist es uns nachts nicht so geheuer wie in der Natur. Wir sind trotzdem noch eine Weile geblieben, haben die Aussicht genossen, viel Redebedarf nachgeholt und Abendessen gekocht.
Danach sind wir wieder zurück an den einzigen Platz, an dem man überhaupt irgendwas aufbauen kann – ein kleiner roter Leuchtturm. Den hatten wir aber nicht für uns allein, denn hier haben wir schon auf dem Hinweg drei Jungs mit der gleichen Idee getroffen. Einer von ihnen hatte seine Hängematte oben in der Spitze aufgespannt, die anderen beiden lagen mit dem Biwaksack auf dem Boden. Über den beiden haben wir dann unsere Hängematten aufgespannt, sodass wir quasi mit unseren Hintern in ihren Gesichtern geschlafen haben. Das haben wir natürlich vorher mit ihnen abgesprochen, wir haben uns sogar ziemlich schnell angefreundet und der Overnighter wurde zu einer Outdoor-Sleepover-Party. Bei ihnen haben wir uns nicht nur sicherer gefühlt, es war auch cool neue Freunde mit gleichen Interessen zu finden. Um Mitternacht haben wir also unsere Hängematten noch mit in den Turm gezwängt. Was ist das bitte für ein krasser Zufall, am gleichen Tag Leute mit der gleichen Idee zu treffen?
Direkt vor unseren Augen fuhren die riesigen Container- und Kreuzfahrtschiffe in Partybeleuchtung in den Hafen ein. Wir konnten zusehen, wie die Lotsenboote die riesigen Schiffe auf der Elbe um 180 Grad drehen. Wir hatten eine super Aussicht und dafür eine recht ruhige Nacht. Nur leider lag ich wegen des wenigen Platzes in der Hängematte mal wieder wie eine Banane und habe kaum geschlafen.
Zum Glück sind wir alle früh aufgestanden, sodass ich als Frühaufsteher nicht allein warten musste. Wir haben Frühstück und Kaffee aufgekocht, noch etwas am Turm gesessen und uns unterhalten. Klettern darf man in dem Turm übrigens nicht. Die Wasserschutzpolizei hielt kurz bei uns an und meinte, es wäre okay unten drin zu sitzen, aber doch bitte nicht die Streben hochzuklettern.
Um 11 Uhr nahmen wir am Bubendey-Ufer die Fähre, die als öffentliches Verkehrsmittel auch unter das 9€-Ticket fiel. Zwischen den anderen Fahrgästen in feinen Outfits waren wir die einzigen mit Outdoor-Ausrüstung. Ein letzter Blick auf unseren Leuchtturm vom Wasser und ein letztes riesiges Containerschiff, das uns entgegenkam. Wir sind an den Landungsbrücken ausgestiegen, haben den Hamburg Triathlon gesehen und ich habe gerade noch den knüppelvollen Zug um 12:30 Uhr geschafft.
Die Videos zum Overnighter
Zwei der Jungs, die wir getroffen haben, machen YouTube und hier sind ihre Videos zu unserem Overnighter.
Hanna Helene 